Die Policy Debatte zum Thema „Strengthening the Resilience of the European Banking Sector“, die am 17. April 2024 in Brüssel stattfand, brachte Interessenvertreter:innen zusammen, um über den aktuellen Zustand des europäischen Bankensektors zu diskutieren und darüber, wie sich dessen Stabilität erhöhen lässt. Die gemeinsam vom Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE, der Solvay Brussels School of Economics & Management an der Université Libre de Bruxelles sowie dem Hessischen Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Entbürokratisierung ausgerichtete Veranstaltung zielte darauf ab, die Tauglichkeit des bestehenden Regulierungsrahmens zu bewerten und Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung dieses Rahmens aufzuzeigen.
Während der Diskussion gaben die Panelist:innen Andrea Enria, Martin Hellwig und Elke König interessante Einblicke in die Herausforderungen des Bankensektors. Mit Blick auf aktuelle Debatten über die Ausweitung der Bankenregulierung betonte SAFE Senior Fellow Elke König die Notwendigkeit, den bestehenden Vorschlägen Priorität zu gewähren: „Lassen Sie uns Basel III richtig machen, bevor wir neue Vorschriften einführen“, sagte sie. Ihre Meinung deckte sich mit der Debatte über regulatorische Vorsicht und die Bedeutung des Vertrauens in Aufsichtsbehörden.
Stärkung supranationaler Einheiten
Andrea Enria unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und sprach sich für die Stärkung supranationaler Einrichtungen wie der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA aus. „Wir haben viele nationale Behörden, mit denen wir zusammenarbeiten, aber wir müssen die Probleme gemeinsam angehen“, betonte Enria.
Martin Hellwig wies auf die Herausforderungen der Bankenabwicklung hin, insbesondere auf die Schwierigkeit, „versteckte“ Risiken zu erkennen und die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Hellwig erklärte, dass „ein erhebliches Risiko besteht, dass ‚versteckte‘ Banken, d.h. solche, die von den Aufsichtsbehörden nicht genau überwacht werden, bis sie in eine finanzielle Notlage geraten, wie die Silicon Valley Bank enden werden.“ Er verwies dabei auf die Notwendigkeit proaktiver Maßnahmen. In der Debatte hob Hellwig die Dynamik des regionalen Bankwesens hervor und betonte die Resilienz der lokalen Sparkassen trotz der Herausforderungen des Marktes.

Elke König fügte hinzu, dass die Unterschiede zwischen dem europäischen und dem US-amerikanischen Abwicklungsrahmen es den Verantwortlichen auf beiden Kontinenten erschweren, über dieselben Dinge zu sprechen, da länderspezifische Instrumente und Maßnahmen kaummiteinander vergleichbar seien. „Der Vergleich zwischen der Bankenabwicklung in den USA und in Europa, ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Wenn eine US-amerikanische Bank abgewickelt wird, ist sie für immer aufgelöst. Bei einer europäischen Bank ist dies jedoch nicht zwingend der Fall“, fügte sie hinzu. Denn: Sobald eine europäische Bank abgewickelt wird, wird sie von einer Abwicklungsbehörde, wie dem Ausschuss für die einheitliche Abwicklung (Single Resolution Board, SRB), umstrukturiert. Diese Umstrukturierung umfasst den Einsatz von Abwicklungsinstrumenten zum Schutz des öffentlichen Interesses sowie die Fortführung der kritischen Funktionen und die Sanierung der Bank als solche oder zumindest ihrer tragfähigen Teilbereiche.
Enria, Hellwig und König bekräftigten die Notwendigkeit proaktiver Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit und Stabilität des europäischen Bankensektors. Die Zusammenarbeit zwischen politischen Entscheidungsträger:innen, Aufsichtsbehörden und Interessenvertreter:innen der Branche wurde als entscheidend für die Bewältigung neuer Risiken und die Förderung eines robusten Bankenumfelds in Europa angesehen.
Europa wettbewerbsfähig gestalten
Für die Zukunft forderte König, dass politische Entscheidungsträger:innen und Regulierungsbehörden wachsam bleiben und auf neue Bedrohungen reagieren müssten. Die Verbesserung der Transparenz, die Förderung von Risikomanagement-Verfahren und einer Verantwortungskultur wären wichtige Schritte, um die Widerstandsfähigkeit des europäischen Bankensektors zu stärken. Die Unterstützung von Innovationen und der digitalen Transformation könnten zu mehr Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit beitragen und sicherstellen, dass die europäischen Banken an der Spitze des globalen Finanzwesens bleiben.
Die Diskussionsteilnehmer:innen waren sich einig, dass es an der Zeit ist, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Förderung der Finanzstabilität und des wirtschaftlichen Wachstums herzustellen. Durch die Schaffung eines unterstützenden regulatorischen Umfelds, das Innovationen beflügelt und gleichzeitig vor Systemrisiken schützt, könnte Europa seine Wettbewerbsposition gegenüber China und den USA bewahren.