28 Feb 2019

Dirk Schoenmaker: Der Finanzsektor kann zu einer nachhaltigeren Welt beitragen

SAFE Policy Lecture: Dirk Schoenmaker von der Rotterdam School of Management stellt einen marktorientierten Ansatz zur Nachhaltigkeit vor.

"Sie wollen auch in Zukunft Gewinne machen? Dann sollten Sie bei diesem Thema sehr aufmerksam sein", sagte Dirk Schoenmaker in einer SAFE Policy Lecture am 18. Februar über die Bedeutung von Nachhaltigkeit für Finanzdienstleister und Unternehmen. Im House of Finance sprach er über die Rolle, die der Finanzsektor für eine nachhaltigere Welt spielen kann. Seiner Ansicht nach müssen Investitionsentscheidungen jedoch stärker einem interdisziplinäreren Ansatz folgen, um nachhaltig zu sein.

Für Schoenmaker, Professor für Banking and Finance an der Rotterdam School of Management, Erasmus Universität Rotterdam, gibt es drei Gründe, warum Unternehmen ESG-Kriterien („Environmental, Social und Corporate Governance“ – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – bezieht sich auf die drei zentralen Faktoren bei der Messung der Nachhaltigkeit und der ethischen Auswirkungen einer Investition) berücksichtigen müssen. Erstens argumentierte er, dass Unternehmen die Regulierung oder Besteuerung in ihrem Bereich antizipieren müssen, wie beispielsweise eine CO2-Steuer.

Zweitens würden Unternehmen ihren Ruf gefährden durch den Druck von NGOs oder Verbrauchern, wenn sie nicht nachhaltig handeln würden. Drittens sagte er, dass Unternehmen ihr Geschäft in einem sich ständig verändernden Umfeld zukunftssicher machen müssten, und erwähnte in diesem Kontext die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen für Wirtschaftswachstum, Klima und Soziales bis zum Jahr 2030. "Dort liegt die Zukunft des Geschäfts, dort sollten die Investitionen hin", sagte er.

Schoenmaker betonte, er sei optimistisch, dass Unternehmen selbst nachhaltigere Entscheidungen treffen würden. Auch wenn die Renditen bei der Integration von Nachhaltigkeitsfaktoren in Unternehmen etwas niedriger ausfallen könnten, würden sie in Zukunft stabilere Erträge sichern. Dies gelte jedoch nicht für alle Arten von Unternehmen. "Ich würde mein Geld nicht in den Kohlebergbau stecken. Einige Sektoren werden verschwinden, andere werden sich verändern", sagte er.

Dennoch ist es schwer zu entscheiden, ob eine Investition tatsächlich nachhaltig ist oder nicht. Schoenmaker warnte, dass ein bürokratischer Ansatz durch den Staat Innovation hemmen würde. "Lasst Investoren und Banker herausfinden, was funktioniert", sagte er. Er befürwortet einen marktorientierten Ansatz durch fundierte Investitionen und Bankgeschäfte.

Ein langfristiger Anlagehorizont

Schoenmaker nannte drei Elemente für nachhaltiges Investment. Erstens sei die Fundamentalanalyse zur Berechnung des integrierten Mehrwerts eines Unternehmens entscheidend, die soziale und ökologische Werte berücksichtige. Die aktuellen ESG-Analysen seien nur begrenzt tauglich, da sie sich nicht auf das tatsächliche Handeln der Unternehmen konzentrieren würden. Aus seiner Sicht sind Fachleute aus der Ökologie und für soziale Fragen gefordert, das konkrete Handeln eines Unternehmens zu bewerten, da dieses der Schlüssel zu einer verantwortungsvollen Investitionsentscheidung sei: "Was Sie tatsächlich tun, ist am Ende das, was zählt", sagte er.

Darüber hinaus ging Schoenmaker auf das Problem der Portfolio-Diversifizierung ein. Für ihn ist ein Portfolio mit 50 bis 100 Unternehmen zweckmäßig, da eine Fundamentalanalyse einer größere Anzahl schlicht nicht möglich sei. "Man kann kein Portfolio mit 1000 Aktien halten, weil man 1000 Unternehmen nicht überprüfen kann", sagte er.

Das dritte Element sollte ein beabsichtigter langfristiger Investitionshorizont sein. Investoren sollten sich stärker mit dem integrierten Mehrwert befassen, den Unternehmen erbringen, als den Markt als Maßstab zu nehmen. Mit Blick auf den Bankensektor sagte Schoenmaker, dass einige Institute wie Westpac oder Rabobank bereits neue Ansätze in ihre Kreditvergabepolitik integriert hätten.

Abschließend betonte Schoenmaker die Bedeutung einer langfristigen Wertschöpfung, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Außerdem unterstrich er, wie wichtig die umfassendere Interpretation des Mehrwerts sei, den ein Unternehmen schaffe. "Im Finanzwesen geht es darum, Ereignisse zu antizipieren und sie heute zu bewerten", sagte er. Auf diese Weise kann das Finanzwesen nach Ansicht von Schoenmaker zu einem schnelleren Umbau der Wirtschaft beitragen.

 

Videoaufzeichnung der SAFE Policy Lecture: Finance - a Tool for Sustainability