16 Jun 2016

Die einheitliche europäische Bankenaufsicht – eine erste Bilanz

Eineinhalb Jahre nach der Einrichtung der einheitlichen europäischen Bankenaufsicht (Single Supervisory Mechanism/SSM) zieht SAFE Bilanz: Was hat die neue europäische Aufsichtslandschaft gebracht, was bleibt noch zu tun? Diese Fragen wurden am 16. Juni 2016 von Dirk Schoenmaker (Bruegel & Erasmus University), Sascha Steffen (Universität Mannheim & ZEW), Nicolas Véron (Bruegel und Peterson Institute) und Mark Wahrenburg (Goethe-Universität Frankfurt) diskutiert. Die Paneldiskussion, moderiert von Hans‐Helmut Kotz (SAFE & Harvard University), wurde gemeinsam organisiert vom SAFE Policy Center und Bruegel.

Die Panellisten waren sich darüber einig, dass der SSM die Bankenaufsicht in Europa einen großen Schritt voran gebracht hat. Sein Regime wird als „tough but fair“ beschrieben, in jedem Fall strenger als jede der neun nationalen Aufsichtssysteme. Dadurch habe sich ein Wettrennen nach oben („race to the top“) ergeben, so Nicolas Véron. Es bestand allerdings auch Konsens darüber, dass sich die allgemeine regulatorische Aufstellung noch verbessern muss. Laut Véron ist das EZB/SSM-Direktorium von nationalen Interessen dominiert; Véron und Dirk Schoenmaker beklagen den Mangel an Transparenz im Prozess, und Mark Wahrenburg wies auf die suboptimale Aufgabenteilung zwischen EZB/SSM und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA hin, die unvermeidlich zu Ineffizienzen führt mit Blick auf den wichtigen Austausch von Informationen und Daten.

Nach Ansicht von Wahrenburg spielen die nationalen Regulierer trotz des Kompetenztransfers auf die supranationale Ebene immer noch eine wichtige Rolle. Sie verhindern, dass Banken aus ihrem Land bankrottgehen, was dazu führt, dass Institute mit nicht nachhaltigen Geschäftsmodellen überleben. Der Single Supervisor sollte diese negativen externen Effekte reduzieren, die ein Level Playing Field für Banken in Europa verhindern.

Die Diskutanten äußerten sich unterschiedlich zu der Notwendigkeit eines gemeinsamen europäischen Einlagensicherungssystems (EDIS), das von Deutschland aktuell heftig attackiert wird, insbesondere von den deutschen Sparkassen, wie Nicolas Véron anmerkte. Dirk Schoenmaker sagte, dass ein solches System nötig sein, um die Fragmentierung im europäischen Bankensektor zu überwinden. Sascha Steffen führte an, dass er kein Problem mit EDIS hätte, wenn die einheitlichen Aufsichts- und Abwicklungsbehörden richtig funktionierten, da EDIS dann nicht mehr benötigt werde. Auf Nachfrage aus dem Publikum widmete sich das Podium auch kurz dem aktuellen Thema der niedrigen bis negativen Zinsen und ihren Konsequenzen für den Bankensektor. Nicolas Véron erwähnte, dass die Zinsmargen, entgegen allgemeiner Auffassung, mindestens bis Ende 2015 mehr oder weniger konstant waren. Sascha Steffen entgegnete auf die aktuellen Beschwerden aus dem Bankensektor, dass es unmöglich sei, wenn Banken ein Geschäftsmodell verfolgten, das nur funktioniere, wenn die Zinsen sich innerhalb einer bestimmten Spanne bewegten.