Für Daniel C. Hardy besteht kein Zweifel, dass die Europäische Bankenunion eine "enorme Errungenschaft" ist, obwohl sie ein kompliziertes Konstrukt sei und immer noch an ihren Schwächen arbeiten müsse. Der Leiter der Abteilung Währungs- und Kapitalmarkt des Internationalen Währungsfonds (IWF) sprach am 5. November im House of Finance bei einer SAFE Policy Lecture darüber, wie die Bankenunion verbessert werden könnte. Hintergrund seines Vortrags war das kürzlich abgeschlossene IWF-Bewertungsprogramm für den Finanzsektor (Financial Sector Assessment Program, FSAP) des Euroraums, das Hardy geleitet hat.
Das FSAP hat nicht nur die Stabilität des Finanzsektors untersucht, sondern auch Entwicklungsaspekte von Märkten, Institutionen und Infrastruktur berücksichtigt. Laut Hardy war es das erste Programm des IWF, welches sich auf den Euroraum konzentriert und Empfehlungen zu Aufsicht und Regulierung für eine stabile Bankenunion formuliert hat.
Insgesamt sieht Hardy "große Fortschritte in vielen Bereichen". Allerdings sind aus seiner Sicht die Schwachstellen im Euroraum ungleichmäßig verteilt, eine Zersplitterung bleibe bestehen. Umso wichtiger sei es, intensiv zu analysieren, was getan werden könne, um das Euro-Währungsgebiet zu stärken. "Wenn eine Krise auftritt, zeigt dies in gewissem Maße die Verluste und Fehler der Vergangenheit", erklärte er die Bedeutung des FSAP. Durch den Stresstest mit 29 bedeutenden Kreditinstituten des Euroraums und andere Programminstrumente könne ein besseres Krisenmanagement erreicht werden, das Risiken und Kosten reduziere, sagte Hardy. Er forderte einheitliche Regeln für die Aufsicht und Regulierung. Es gebe jedoch eine schwierige Abwägung zwischen Regelgebundenheit und Ermessensspielraum sowie zwischen einheitlichen und maßgeschneiderten Lösungen.
Schwachstellen, die sich auf die Stabilität des Euro-Währungsgebiets auswirken, könnten ein langsameres Wachstum in Europa und anderswo, der Brexit und Cyber-Risiken sein, sagte Hardy. Das Ausmaß der möglichen Auswirkungen dieser Probleme würde jedoch zwischen den Euro-Ländern variieren.
Rechtliche und regulatorische Lücken schließen
Mit Blick auf die Bankenregulierung verwies Hardy auf die aus seiner Sicht beeindruckenden Errungenschaften des Einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervision Mechanism, SSM). Der Aufsichtsansatz sei konsistent und tiefgreifend und es gebe gute Fortschritte bei der Risikobewertung. Hardy wies jedoch auch auf einige Probleme hin. Er schlug vor, die Ressourcen der Aufsicht besser zu koordinieren und die Fragmentierung der nationalen rechtlichen Rahmenbedingungen zu verringern. Entscheidungen zu treffen werde schwierig und unsicher aufgrund der verschiedenen Akteure der Aufsichtsbehörden, die sich auf nationaler Ebene unterscheiden würden.
Er schlug vor, rechtliche und regulatorische Lücken zu schließen und an internationale Standards anzunähern. Hardy sagte auch, dass die Koordinierung und der Informationsaustausch mit dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board, SRB) und den Aufsichtsbehörden zur Bekämpfung der Geldwäsche verbessert werden sollten.
In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass Aufsichtsbehörden mehr Kompetenzen in Bezug auf bankähnliche Aktivitäten benötigen könnten, da sich Geschäftsmodelle ändern und die Rolle von Nichtbanken kontinuierlich wachse. Schließlich, so Hardy, sei die Bedeutung von Nicht-Banken seit 2009 stetig gestiegen. Hardy erklärte weiter, welche Lehren für das Krisenmanagement und den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) aus den Rettungsfällen von Banken gezogen werden können. Er wies darauf hin, wie wichtig dabei abgestimmte Abwicklungsregeln seien: "Durch die Vielzahl von Kriterien ist unklar, was im Ernstfall passieren wird“, erklärte er. Die Regeln zum Eingreifen im Ernstfall seien immer noch zu kompliziert.