21 Jul 2014

Aktuelle Trends in der Regulierung von Geldmarktfonds

Am 17. Juli hielt Craig M. Lewis, bis vor kurzem Chefökonom der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC), nun wieder Professor für Management an der Vanderbilt Universität, einen Vortrag am SAFE Policy Center zu der Situation der amerikanischen Geldmarktfonds und ihrer Regulierung. Der Vortrag wurde von Christian Schlag, Leiter des Forschungsbereichs Finanzmärkte in SAFE, moderiert.

Lewis erläuterte zunächst die Struktur von Geldmarktfonds, die hoch liquide Wertpapiere mit kurzer Laufzeit enthalten und in den USA sehr beliebt sind. Geldmarktfonds stellen, genauso wie Bankkonten, Liquidität auf Nachfrage zur Verfügung; sie bieten eine bessere Rendite, da die Wertpapiere, die sie besitzen, höhere Zinsen abwerfen als ein Bankkonto; und sie ermöglichen Preisstabilität, da sie ihre Portfolios laut Gesetz zum Buchwert bewerten dürfen anstatt zum Marktwert und somit ihren Aktienkurs konstant bei einem Dollar halten können. In den USA sind Geldmarktfonds sowohl unter Privatanlegern als auch unter Finanzverwaltern (häufig für kurzfristiges Cash-Management) und institutionellen Investoren beliebt.

Die Lehman-Pleite beförderte die Geldmarktfonds ins Rampenlicht

Die Geldmarktfonds gerieten ins Rampenlicht, als es 2007-08 während der Finanzkrise in den USA zu einem Verhalten ähnlich eines „Run“ kam. Ein „Prime“ Fonds, die üblicherweise in kurzfristige Unternehmensschulden investieren, namens Primary Reserve, hatte stark in Commercial Paper von Lehman Brothers angelegt. Die Pleite von Lehman führte dann zu einem sogenannten “break the buck”: Seine nach Marktpreisen bewerteten Anteile wichen vom Buchpreiskurs von einem Dollar um mehr als 0,5 Prozent ab. Im Zuge dessen kam es zu einem gewaltigen Rückzug von Geldmitteln aus „Prime“ Fonds, die zum großen Teil in Geldmarktfonds reinvestiert wurden, die risikofreie Staatspapiere hielten. Es war also eine Flucht in Qualität, Liquidität und Transparenz. Ein weiterer Anreiz für den Mittelabzug ergab sich aus der Buchwert-Bewertung der Geldmarktfonds: Wenn Investoren annehmen, dass das Portfolio weniger wert ist als der Buchpreis von einem Dollar, können sie ihre Anteile immer noch zu einem Dollar verkaufen bis der Geldmarktfonds pleite ist.

Im Jahr 2010 erlegte die SEC den amerikanischen Geldmarktfonds zwei erste Regulierungsmaßnahmen als Folge der Krise auf: Erstens begrenzte sie den Anteil an Geldmitteln, die in sogenannte Tier-2-Mittel (illiquide, riskant) investiert werden dürfen; zweitens verkürzte sie die Höchstlaufzeit von Wertpapieren, die Geldmarktfonds halten dürfen, von 90 auf 60 Tage. Laut Lewis reduzierten allein diese beiden Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit eines „breaking the buck“ um den Faktor neun.

Die SEC kam jedoch zu dem Schluss, dass diese Reformen nicht ausreichend seien, insbesondere weil es Geldmarktfonds immer noch erlaubt war, bis zu fünf Prozent ihrer Mittel in ein bestimmtes Wertpapier zu investieren. Es gab lange Diskussionen innerhalb der SEC darüber, ob und welche zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten. Bankenaufseher (z.B. die Fed) waren besorgt, da sie Geldmarktfonds als systemisch ansahen; sich von Geldmarktfonds durch die Ausgabe von Commercial Paper Geld zu leihen, war bis zu diesem Zeitpunkt entscheidender Bestandteil der Geldbeschaffungsstrategie vieler amerikanischer Banken.

Theoretisch hätte man natürlich über entsprechende Regulierungsmaßnahmen die kurzfristige Finanzierung amerikanischer Banken über Commercial Paper direkt einschränken können. Eine solche Lösung ist in den USA jedoch politisch nicht durchsetzbar. Daher verfolgen die amerikanischen Regulierungsbehörden einen indirekten Ansatz, indem sie nach Wegen suchen um sicherzustellen, dass Geldmarktfonds jederzeit Mittel zur Verfügung haben, um weiter Commercial Paper von Banken kaufen zu können.

Kapitalpuffer, Liquiditätsgebühren oder eine Abzugssperre?

Lewis wies darauf hin, dass jede Geldmarktfonds-Regulierung automatisch einen der drei genannten Vorzüge dieser Fonds einschränken würde. Um den Renditevorteil zu erhalten, könnte man Geldmarktfonds vorschreiben, zu einer laufenden Nettovermögensbewertung (net asset value) ihrer Anteile überzugehen – also zu einer Bewertung zu Marktpreisen und nicht zu Buchwerten. Hier steckt jedoch der Teufel im Detail, da es für einige Wertpapiere in ihren Portfolios (z.B. Commercial Paper von Banken) keine Sekundärmärkte gibt. Außerdem würde ein solcher Wechsel die Abkehr von der Preisstabilität bedeuten. Um diese zu bewahren, ließe sich ein Kapitalpuffer einführen, der Verluste abfedern könnte. Dieses Kapital würde wiederum die gesamte Überschussrendite aufzehren, da es die Risiken auffangen muss. Ein Vorschlag der SEC (zuletzt abgelehnt) und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA (derzeit in der Schwebe) sieht die Einrichtung eines Kapitalpuffers in Höhe von drei Prozent vor – was laut Lewis mehr ist als irgendein Einzelverlust in der Geschichte der Geldmarktfonds. Eine letzte Möglichkeit wäre, Geldmarktfonds zu verpflichten, Liquiditätsgebühren zu erheben – etwa in Höhe von 2 Prozent für Investoren, die im Zuge einer Run-ähnlichen Situation ihr Geld abziehen wollen – oder Abzüge temporär zu untersagen. Während die Einführung einer Nettovermögensbewertung Geldmarktfonds in Investmentfonds verwandeln würde, würde das Auferlegen von Kapitalpuffern sie einer Bank ähnlicher machen.

Laut Lewis scheint die SEC in ihrem finalen Vorschlag für die amerikanische Geldmarktregulierung, die im Sommer oder Herbst 2014 abgeschlossen werden soll, derzeit zu einer Kombination von Nettovermögensbewertung, Liquiditätsgebühren und Abzugssperren zu tendieren.